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22.05.2018

Physik in Zwiesel: 42. Edgar-Lüscher Seminar

Edgar-Lüscher-Seminar Vortrag Edgar-Lüscher-Seminar Vortrag Prof. Dr. Peter Senger von der GSI, Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, bei seinem Vortrag über den FAIR Beschleuniger. © Stephan Loibl

Prof. Dr. Peter Senger von der GSI, Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, bei seinem Vortrag über den FAIR Beschleuniger. © Stephan Loibl

Um noch ungeklärte physikalische Rätsel unserer Zeit zu lösen, stellen Wissenschaftler große Anstrengungen an. Immer leistungsstärkere Maschinen sollen immer tiefere Einblicke ermöglichen. Gerade die Grundlagenforschung liefert fundamentale Erkenntnisse in der Physik und ist gleichzeitig ein Motor für technische und medizinische Innovationen.
Auf den aktuellen Stand der zukunftsweisenden Forschungsarbeit konnten sich die Teilnehmer des diesjährigen 42. Edgar-Lüscher-Seminars am Gymnasium Zwiesel im Bayerischen Wald bringen. Die wissenschaftlichen Leiter des Seminars, Prof. Dr. Winfried Petry und Prof. Dr. Peter Müller-Buschbaum von der Technischen Universität München (TUM), hatten dazu renommierte Referenten nach Zwiesel eingeladen. Vor Ort zeigte sich das Organisationsteam um Schulleiter Heribert Strunz und Physiklehrer Claus Starke als hervorragender Gastgeber dieser traditionsreichen Lehrerfortbildung mit mehr als 100 Teilnehmern aus ganz Bayern.
„Wir wollen die Geheimnisse der Natur erkunden”, sagte Dr. Andreas Kratzer im Eröffnungsvortrag, der heuer zum ersten Mal eigens für naturwissenschaftlich interessierte Schülerinnen und Schüler gedacht war. Als Leiter der TUM School of Education stellte Kratzer den zahlreichen Oberstufenschülern aus Grafenau, Straubing, Viechtach und Zwiesel die technischen Grundlagen und die weit gefächerten Fragestellungen von verschiedenen wissenschaftlichen Großgeräten vor.

Experimente ohne Unten und Oben

Welches riesige Potenzial auch in der im Bau befindlichen Beschleunigeranlage FAIR steckt, erläuterte Prof. Dr. Peter Senger vom GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Bei FAIR entstehen künftig Ionenstrahlen in bisher unerreichter Intensität und Qualität. Mit dieser lassen sich Experimente durchführen, die einen noch nie dagewesenen Einblick in die Struktur der Materie und die Entwicklung des Universums ermöglichen. Ab 2025 möchte man mit dem vollen Experimentierbetrieb starten, um beispielsweise Pilotprojekte für gezieltere Tumortherapien umzusetzen, so Senger.
Von neuartigen Großanlagen wusste auch Prof. Dr. Andreas Meyer vom Institut für Materialforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Köln zu erzählen. “Mit dem Parabeiflugzeug dem Fallturm, einer Höhenforschungsrakete oder in der Internationalen Raumstation ISS lassen sich unglaubliche Experimente ohne Unten und Oben durchführen”, begann Meyer seine Ausführungen. In seinem bilderreichen Vortrag erklärte er den wissenschaftlichen Nutzen von Experimenten in der Schwerelosigkeit für die (Weiter-)Entwicklung von erdgebundenen Messverfahren und für Erkenntnisse, wie sich experimentelle Ergebnisse unter gut definierten Versuchsbedingungen ohne störende Einflüsse der Gravitation gewinnen lassen.
Weitere interessante Details aus der Materialforschung präsentierte Prof. Dr. Stephan Roth von der Königlichen Technischen Hochschule Stockholm/Schweden. Er erläuterte, wie mit der Beschleunigeranlage PETRA IV am DESY in Hamburg zukunftsweisende Nanoforschung in Echtzeit betrieben werden soll. Forscher könnten bald Prozesse im Inneren eines Katalysators, einer Batterie oder eines Mikrochips unter realitätsnahen Betriebsbedingungen analysieren und Werkstoffe mit Nanostrukturen maßschneidern, stellte Roth in Aussicht.
Neue, direkte Einblicke in physikalische, chemische und biologische Prozesse unseres Alltags erhofft man sich auch durch den Röntgenlaser SwissFEL am Paul Scherrer Institut in Villigen, Schweiz, der 2019 seinen regulären Betrieb aufnehmen soll. Projektleiter Dr. Rafael Abela referierte darüber, wie sein Team versucht, extrem schnelle Vorgänge wie die Entstehung neuer Moleküle bei chemischen Reaktionen zu verfolgen, die detaillierte Struktur lebenswichtiger Proteine zu bestimmen oder den genauen Aufbau von Materialien zu klären. Ziel der Forschungsarbeiten: neue Medikamente, effizientere Prozesse in der chemischen Industrie oder neue Materialien in der Elektronik.

Edgar-Lüscher-Seminar Teilnehmer Edgar-Lüscher-Seminar Teilnehmer Die Teilnehmer des 42. Edgar-Lüscher-Seminars lauschten interessiert den Vorträgen zum Thema „Große Instrumente für große Fragestellungen“ in der Aula des Gymnasiums. © Stephan Loibl

Die Teilnehmer des 42. Edgar-Lüscher-Seminars lauschten interessiert den Vorträgen zum Thema „Große Instrumente für große Fragestellungen“ in der Aula des Gymnasiums. © Stephan Loibl

Aus der Welt der Neutronenforschung

Ergänzt wurden die Ausführungen durch Prof. Dr. Andreas Schreyer, Direktor der Europäischen Spallationsneutronenquelle (ESS) in Lund, Schweden, der im Bereich der Leichtbaumaterialien, Biomaterialien und magnetischen Nanostrukturen forscht. Die ESS werde neue Möglichkeiten der Forschung mit Neutronen im Bereich der Material- und Lebenswissenschaften eröffnen und voraussichtlich 2023 ihren Nutzerbetrieb beginnen, so Schreyer.
In die Welt der Neutronenforschung entführte die Teilnehmer auch Prof. Dr. Winfried Petry (TUM). Unter seiner Federführung wurde die Instrumentierung der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) konzipiert, realisiert und deren wissenschaftliche Nutzung in das Heinz Maier-Leibnitz Zentrum überführt. „Seit über 60 Jahren fungiert das Garchinger Atom-Ei als Keim für einen der größten Forschungscampi weltweit, als Treiber für die Methode „Forschung mit Neutronen“ und als bedeutende Forschungseinrichtung für hochklassige Wissenschaft und Ausbildung auf höchstem Niveau“, schwärmte Petry. Die Hoffnungen: bessere Batterien, Sicherstellung der Stromversorgung Bayerns, schnellere Rechner mit mehr Speicher, Optimierung von industriellen Prozessen, bessere Antibiotika, molekulare Bildgebung sowie moderne Bestrahlungstherapien und vieles mehr.
Mit Spannung erwartet wurde auch der Vortrag des Physikers Dr. Michael Hauschild vom Europäischen Forschungszentrum für Teilchenphysik CERN in Genf. Er berichtete, wie er am LHC die Entdeckung des Higgs-Teilchens im Juli 2012 unmittelbar miterlebt hatte. In seinen Ausführungen stellte Hauschild das CERN mit seinen aktuellen Forschungsgebieten vor. Einen Schwerpunkt bildete dabei das Higgs-Teilchen mit seinen Auswirkungen auf unser Verständnis der Physik, insbesondere die Erzeugung von Masse.
Zum Abschluss des Seminars referierte Dr. Christian Fruck von der TU München über „Neutrino- und Gammastrahlen-Astronomie mit lceCube, MAGlC und CTA”. Mit diesen speziellen Großinstrumenten wäre es möglich, mit Röntgenstrahlung und Radiowellen in Kombination mit Beobachtungen im Optischen neue Einblicke in die höchst-energetischen physikalischen Prozesse im Universum zu erlangen, so Fruck. Obwohl man sich mit dieser Forschungsarbeit keine unmittelbare Anwendbarkeit auf Alltagsprobleme erwarte, gelte genauso wie bei vielen wissenschaftlichen Großprojekten: Investitionen in die Grundlagenforschung seien immer auch Investitionen in die
Innovationen von morgen – selbst wenn sich diese heute noch nicht einmal erahnen lassen.

Die Fortsetzung des Edgar-Lüscher-Seminars findet nächstes Jahr vom 22. bis 24. März statt.
Dann geht es um das zukunftsträchtige Thema „Erneuerbare Energien”.

Text: Thomas Kufner, Gymnasium Zwiesel

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