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08.01.2024

Platztausch in Kathoden: Warum Batterien an Leistung verlieren

Bei der Entwicklung von neuen Batterie-Generationen kämpfen Forschende mit verschiedenen physikalischen Effekten, welche die Speicherkapazität verringern. Mit modernster Neutronenstreuung haben Wissenschaftler:innen vom FRM II und aus Australien einen dieser Effekte, das Springen von Lithium-Ionen, in den Kathoden kommerzieller Batterien untersucht.

20230808 ni-li batterie fehlstellung v03 20230808 ni-li batterie fehlstellung v03 Lithium (grün) und Nickel-Atome (blau) tauschen in Lithium-Nickel-Oxid-Batterien ihre Plätze und reduzieren so die Akkuleistung. © Reiner Müller, FRM II

Lithium (grün) und Nickel-Atome (blau) tauschen in Lithium-Nickel-Oxid-Batterien ihre Plätze und reduzieren so die Akkuleistung. © Reiner Müller, FRM II

Auf der Suche nach effizienteren, langlebigeren und sichereren Batterietechnologien müssen Forschende zunächst verstehen, welche Eigenschaften eine gute Batterie ausmachen. Akkus auf dem neusten Stand der Technik stehen vor verschiedenen Herausforderungen. Diese können zum Teil durch das verwendete Kathodenmaterial erklärt werden. In der Vergangenheit nutzte man vor allem Kathoden aus Lithium-Kobalt-Oxid (LCO), die bereits hohe Energiedichten aufwiesen. Jedoch hat das enthaltene Kobaltoxid eine hohe Reaktivität, die im schlimmsten Fall zu Überhitzung und Entzündung der Zelle führt und die maximale Zahl der Ladezyklen reduziert. Als weitere Nachteile kommen hohe Produktionskosten und die weltweit limitierte Verfügbarkeit von Kobalt hinzu.

Von springenden Atomen
„Nickel galt als vielversprechende Alternative für Kobalt, es treten jedoch auch bei Lithium-Nickel-Oxid-Kathoden strukturelle Defekte auf, die die Kapazität und Energiedichte schnell senken“, erklärt Tobias Hölderle, Doktorand an der Technischen Universität München und dem MLZ. Er ist Erstautor der Veröffentlichung.
Ein dominanter Defekt ist das das cation mixing – also die „Kationenvermischung“ –, bei dem die positiv geladenen Nickel- und Lithium-Ionen aufgrund ihres ähnlichen Atomradius ihre Positionen im Kristallgitter tauschen können.
„Diese strukturellen Defekte sind eine Belastung für die Batterie. Beim Be- und Entladen können Nickel-Ionen fest in den Lithiumpositionen sitzen und blockieren damit die Diffusionswege des umgebenden Lithiums. Das reduziert die Akkuleistung und die strukturelle Stabilität des Atomgitters“, so Hölderle.

Akkus in E-Autos verbaut
Um die strukturelle Stabilität zu verbessern, ersetzen Hersteller die Kobalt-Atome in den Kathoden ihrer Batterieprodukte nicht komplett durch Nickel. Stattdessen verwenden die meisten ein Material, das anteilig aus Kobalt, Nickel und Übergangsmetallen wie Aluminium oder Mangan besteht. Empirisch fanden die Hersteller Mischverhältnisse zwischen diesen Elementen, bei denen sich Lebensdauer, Kosten und Sicherheit der Batterien in einem vertretbaren Bereich bewegen. So sind Akkus dieser Art auch in der ersten Generation des Tesla Modell S verbaut.
Während die Existenz von Kationenmischung für Zellen mit Nickel-Mangan-Kobalt (NMC) bereits nachgewiesen werden konnte, blieb das Auftreten in Nickel-Kobalt-Aluminium-Kathoden (NCA) bis heute umstritten.

Img 8565 Img 8565 Tobias Hölderle ist Doktorand an der TUM und dem FRM II und erforscht Effekte, die in Batterien auftreten. © Bernhard Ludewig

Tobias Hölderle ist Doktorand an der TUM und dem FRM II und erforscht Effekte, die in Batterien auftreten. © Bernhard Ludewig

Neutronen blicken in Batterien
Tobias Hölderle und seine Ko-Autorinnen und Ko-Autoren untersuchten kommerzielle NCA-Kathoden in unterschiedlichen Ladezuständen mittels Neutronenbeugung am Instrument SPODI am MLZ und am Instrument ECHIDNA des Australian Centre for Neutron Scattering (ACNS) in Sydney, um einen Blick in die atomare Kristallstruktur der Kathoden werfen zu können.
Neutronen eignen sich besonders für die Forschung an Batterien, da sie von vergleichsweise leichten Lithium-Atomkernen unverhältnismäßig stark gestreut werden und so die Position des Lithiums in den Daten besonders gut sichtbar machen. Neutronen sind daher unumgänglich, um den Austausch von Lithium- und Nickel-Ionen in der Kathodenstruktur beobachten zu können.

Keine Kationenmischung in NCA-Kathoden
Mit ihren Messergebnissen analysierten die Forschenden die NCA-Kathodenstruktur und die Kationenvermischung. So verkürzen sich die Atomabstände während des Ladevorgangs. Die Lithium-Ionen-Konzentration fiel proportional zum Ladezustand, aber einen Lithium-Nickel-Austausch beobachteten sie trotz hohem Nickelanteil nicht.
Tobias Hölderle fasst die Ergebnisse zusammen: „Daraus schließen wir, dass im Gegensatz zum NMC-Kathodenmaterial keine Kationenvermischung in den NCA-Kathoden stattfindet.“ Parallel führte die Gruppe elektrochemische Messungen an der Zelle durch, deren Ergebnisse die der Neutronenmessungen stützen.

Originalpublikation:
T. Hölderle, M. Monchak, V. Baran, O. Dolotko, S. Bette, D. Mikhailova, A. Voss, M. Avdeev, H. Ehrenberg, P. Müller-Buschbaum, and A. Senyshyn
The structural behavior of electrochemically delithiated LixNi0.8Co0.15Al0.05O2 (x<1) battery cathodes
Journal of Power Sources 564 (2023) 232799
10.1016/j.jpowsour.2023.232799

Mehr Informationen:
Diese Arbeit erhielt finanzielle Unterstützung durch das Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (Technische Universität München), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF Projekte 05K16VK2 und 05K19VK3) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, Projekte EH 183/15-1, SE 2376/1-1]). Diese Arbeit ist ein Beitrag zu Forschung am CELEST (Center for Electrochemical Energy Storage Ulm-Karlsruhe).
Außerdem kamen beteiligte Autoren vom Institut für Angewandte Materialien (IAM) am Karlsruher Institute für Technologie (KIT), dem Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) in Hamburg, dem Max-Planck-Institut für Festkörperforschung (MPI-FKF) in Stuttgart und dem Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW).

Kontakt:
Dr. Anatoliy Senyshyn
Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) und Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (MLZ)
Instrument SPODI
Tel.: +49 89 289 14316
E-Mail: anatoliy.senyshyn@frm2.tum.de

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